Wie wir uns selbst zwischen Erwartungen, Identitäten und Lebensrealitäten wiederfinden können

Mama sein
Als Mama bin ich vieles –
die Heldin, die Trösterin
und die Heilmacherin.
Als Mama kann ich vieles –
lieben, lachen, zuhören,
finden und erklären.
Als Mama soll ich vieles –
organisieren, planen,
alle Termine im Kopf behalten.
Neben Mama bin ich vieles –
Köchin und Putzfrau,
Tochter, Karrierefrau.
Als Mama bin ich vieles –
doch im Innersten
bin ich auch eine Fragende:
Wann komme ich denn?

Rollen entstehen in der Beziehung mit der Außenwelt. Sie schaffen einen Rahmen für Verbindung und helfen uns, einander einzuordnen. Auf jede Rolle lasten Erwartungen – gleichzeitig bergen sie Möglichkeiten. Manche sind offensichtlich (Tochter, Mutter, Freund:in, Nachbar:in), andere schwingen leise mit (Schlichter:in, Organisator:in, Liebende, Zuhörer:in).
Solange diese Rollen miteinander – und mit unserem inneren Kern – im Einklang stehen, ist alles gut.
Aber was, wenn:
– wir zu viele Rollen tragen?
– sie sich gegenseitig bekämpfen?
– die verbundenen Erwartungen nicht zu unserem inneren Wertesystem passen?
– wir eine Rolle nur aus Pflicht weiterleben, obwohl sie uns längst nicht mehr entspricht?
– wir uns mit einer Rolle so sehr identifizieren, dass wir uns selbst dabei verlieren?
– wir Rollen aus Angst oder Schuldgefühlen aufrechterhalten, obwohl sie uns erschöpfen?
– uns Rollen zugeschrieben werden, die gar nicht zu uns gehören?

Die Auswirkungen dieser Fragen kenne ich selbst gut.
Ich steckte lange in der Rolle der Angepassten. Alle mochten mich, waren gern mit mir zusammen – aber meine Worte wurden nie wirklich ernst genommen. Ich musste erst laut werden, um gehört zu werden. Und dann zogen sich die anderen zurück – enttäuscht, irritiert. Ich wollte diese Rolle nie, aber ich wusste lange nicht, wie ich sie loswerde.
Als mein Sohn geboren wurde, kam die Mutterrolle hinzu – und prallte mit der Abenteuerin in mir zusammen. Die, die oft umgezogen war, nie lange blieb, sich nie dauerhaft gebunden hatte. Es wurde laut in mir. So laut, dass mein Körper zu sprechen begann – mit Bluthochdruck, ohne körperliche Ursache. Das war mein Wendepunkt. Mein Weckruf. Und der Beginn meines Weges durch viele Ausbildungen.
Ich ging durch eine tiefe Transformation. Ich legte viele Rollen ab – ich hatte zu viele getragen. Und selbst die, die blieben, veränderten sich. Ich begann, sie für mich neu zu gestalten. Ich prüfte die Erwartungen – von außen und innen – und entschied, welchen ich noch folgen will. Und vor allem: wie ich eine Rolle ausfüllen möchte. Ich begann zu verstehen: Rollen sind nicht dazu da, andere glücklich zu machen. Sie sind Ausdruck meines Selbst.
Und ja – manche Menschen sind gegangen. Aber andere kamen – solche, die mich sehen, auch wenn ich leise bin. Die es okay finden, dass ich keine klassische Vorzeigemama bin. Und dass ich sehr wohl an mich selbst denke.

Wenn Sie das Gefühl haben, innerlich zerrissen zu sein, Dinge aus Pflicht oder aus Angst vor Ablehnung zu tun – dann ist es vielleicht an der Zeit, Ihre eigenen Rollen zu überprüfen.
Übung für Sie: Schreiben Sie auf, was Sie in den letzten Tagen alles getan haben. Wirklich alles. Haben Sie jemandem zugehört? Einen Streit geschlichtet? Termine organisiert, eingekauft, getröstet?
Überlegen Sie: Für wen tun Sie was – und wie oft?
Wie würden andere reagieren, wenn Sie es nicht mehr täten?
Welche dieser Tätigkeiten geschehen aus schlechtem Gewissen?
Rollen sind fast immer mit äußeren oder inneren Erwartungen verknüpft.
Als nächsten Schritt identifizieren Sie Ihre Rollen. Auf meiner Website finden Sie eine Liste mit formellen und informellen Rollen, die Sie dabei unterstützt.
Spüren Sie in Ihre Rollen hinein:
– Welche geben Ihnen Energie – welche kosten Sie Kraft?
– Was tun Sie aus Pflichtgefühl – was aus Freude?
– Welche Rolle würden Sie gern loslassen – und warum?
– Wenn Sie Ihre Rollen frei gestalten könnten – wie sähen sie aus?
– Was hält Sie zurück, es zu verändern?
– Und was brauchen Sie, um es dennoch zu tun?
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen kleinen Einblick in das Thema Rollen geben.
Und ich wünsche Ihnen viele Erkenntnisse beim Ausprobieren.

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